Freitag, 4. April 2008

Freilichtmuseum für Architektur der zwanziger Jahre










Selbst als Eingeborene sind wir doch immer wieder baß erstaunt angesichts der Perlen, die in unserer Heimatstadt schlummern. In den zwanziger Jahren wirkte in Frankfurt (Oder) der von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtete Stadtbaumeister Josef Gesing. Angesichts seiner Werke ist es doch überaus verwunderlich, dass das Internet keine maßgeblichen Informationen über ihn bereit hält. Seine Tätigkeit erstreckte sich auf den für die örtliche Allgemeinheit nützlichen Profanbau. Er schuf die Pläne für einen Schulneubau (1927) in der damaligen Hindenburgstraße, für eine Baugewerbeschule (1932), für verschiedene harmonische und in ihrer Schlichtheit überaus beeindruckende Wohnbebauungen und für eine Friedhofshalle, deren Würde und Gleichklang in den Formen ihres Gleichen in Deutschland sucht. Die Hindenburgschule erfreute sich in der pädagogischen Fachliteratur Ende der zwanziger Jahre einer hohen Beachtung angesichts ihrer bemerkenswerten Übereinstimmung zwischen äußerer Form und zu berherbergendem Inhalt in Gestalt bis heute moderner Reformpädagogik. Unsere Kinder sind selbst Schüler an dieser Schule, ich halte dort Religionsunterricht - es ist selbst nach achtzig Jahren Benutzung immer wieder ein Raumerlebnis!!!


Hier ticken die Uhren langsamer








Das Oderbruch fasziniert immer wieder in seiner Weite und seltsamen Ödnis. Neulich führten mich meine Wege mal wieder dort hin. Unter hohem Himmel haben sich merkwürdige Monumente vergangenen Alltagslebens erhalten. In Wilhelmsaue wohnten wir in der alten Dorfschule, deren Fassade die Zeichen sozialistischer Bildungs- und Disziplinierungsversuche tragen. Im Innern leben die Räume durch alte Möbel und Utensilien aus Vorkriegszeiten. In unmittelbarer Nachbarschaft laden Kirche und Friedhof zum Verweilen ein. Heute leben zum Beispiel in Wilhelmsaue Familien zusammen, die wohl eher der alternativen Szene zuzuordnen sind. Kneipe und Höfe atmen das Flair angenehmer Ungezwungenheit. Aber wenn ich es so recht bedenke, dauerhaft leben möchte ich in dieser ländlichen Ödnis doch lieber nicht.